Preisträger Dr. Achmed Mrestani

Epilepsie und Migräne zählen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. „Beide Erkrankungsformen zeigen signifikante genetische Überlappungen“, erläutert Dr. med. Achmed Mrestani, Arzt in Weiterbildung an der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums Leipzig und Wissenschaftler an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Zum Teil liegt ihr Ursprung in einer durch Punktmutationen hervorgerufenen Funktionsstörung spannungsgesteuerter P/Q-Typ-Calciumkanäle. Doch wie wirkt sich diese auf die Architektur von Synapsen aus? Und welche strukturellen und funktionellen Veränderungen ergeben sich aus diesen Punktmutationen? An diesem Punkt setzt das aktuelle Forschungsprojekt von Achmed Mrestani an. Er verspricht sich daraus neue therapeutische Anregungen, die im besten Fall gezielt in die molekularen Interaktionen innerhalb der aktiven Zone eingreifen können. Um diesen spannenden Ansatz zu unterstützen, zeichnet die Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung Achmed Mrestani mit dem mit 210.000 Euro dotierten Jung-Karriere-Förderpreis aus. Die finanzielle Förderung erfolgt über die kommenden drei Jahre und kann frei für die Umsetzung eines eigenen Forschungsprojekts genutzt werden. Der Jung-Karriere-Förderpreis wendet sich explizit an Nachwuchsforscher:innen und ist der einzige Preis der Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung, auf den sich Interessierte selbst bewerben können.

 

Punktmutationen im Gen CACNA1A können Calciumkanaldefekte hervorrufen, die zu Funktionsstörungen im Nervensystem führen. Das Ergebnis: Neurologische Erkrankungen wie Epilepsie oder die seltene Familiäre Hemiplegische Migräne Typ 1 (FHM1). Um ein besseres Krankheitsverständnis und mögliche neue Ansätze für spezifische Behandlungsmethoden entwickeln zu können, hat Achmed Mrestani es sich zum Ziel gemacht, mit seinem Forschungsprojekt den Einfluss der Genmutationen auf die synaptische Proteinanordnung und Funktion näher zu betrachten. Dabei stehen drei ausgewählte Mutationen im Mittelpunkt: R192Q, die mit einem vergleichsweise milden, einer herkömmlichen Migräne sehr ähnlichen klinischen Phänotyp einhergeht, S218L, die häufig epileptische Anfälle sowie besonders schwere und teils tödliche Verläufe nach sich zieht und T666M, die als häufigste FHM1-Mutation von besonderem Interesse ist. „Diese menschlichen Punktmutationen bringe ich mit der Genschere CRISPR/Cas9 in spannungsgesteuerte Calciumkanäle im Modellorganismus der Fruchtfliege Drosophila melanogaster ein. Das gibt mir die Möglichkeit, verschiedene Methoden aus den Bereichen hochauflösende Bildgebung und Elektrophysiologie anzuwenden, um letztlich funktionelle und strukturelle Veränderungen durch menschliche Punktmutationen untersuchen zu können.“

 

Zielstrebig zum Erfolg: Der Werdegang von Achmed Mrestani

Mit zwei promovierten Chemikern als Eltern war der Kontakt zur experimentellen Arbeit im Labor schon früh Teil von Achmed Mrestanis Leben. „Mit Chemie, Physik und Mathematik hatte ich nie Berührungsängste“, schildert der mittlerweile zweifache Vater. „Am Ende war der stärkste Motor, der mich in die Medizin gebracht hat, aber wahrscheinlich die Neugier. In der naturwissenschaftlichen Medizin beschäftigt man sich häufig mit Fragen, die niemand zuvor bearbeitet oder zumindest beantwortet hat. Hinter jedem Projekt wartet also eine spannende Überraschung, über die man sich nach teilweise harter und ausdauernder Arbeit dann wahnsinnig freuen kann.“ Diese Zielstrebigkeit zeigt sich auch in seinem Werdegang. Nach dem Abitur zog es Achmed Mrestani an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er 2011 bis 2018 Medizin studierte und dabei ab März 2012 durch ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert wurde. Bereits im Sommer 2015 begann er zeitgleich zu seinem Studium, sein späteres Promotionsthema am Physiologischen Institut der Universität Würzburg zu bearbeiten. Nach seinem Examen wechselte er vollständig dorthin und forschte von 2018 bis 2020 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, bevor er im April 2021 an der Universität Würzburg promovierte. Gleichzeitig startetet er im Juni 2020 seine Facharztweiterbildung an der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums Leipzig. Er wird seit Juli 2022 durch das Clinician Scientist Programm der Hochschulmedizin Leipzig zur Durchführung eines eigenständigen Forschungsprojektes in Kooperation der Neurologischen Klinik mit dem Rudolf-Schönheimer-Institut für Biochemie der Medizinischen Fakultät gefördert.

 

Jung-Karriere-Förderpreis 2023 erlaubt es Achmed Mrestani, Klinik und Wissenschaft zu verbinden

Neben der Medizin gilt seine große Liebe seiner Familie und der Musik. Wenn er nicht gerade Zeit mit seiner Partnerin oder seinen beiden Kindern verbringt, findet man ihn häufig im Proberaum seiner Coverband, mit der er moderne Pop- und Rocksongs interpretiert. „Das Instrument, das ich am besten beherrsche, ist die Violine. Die meiste Zeit investiere ich aktuell aber in meine Band, in der ich singe und Gitarre spiele“, verrät er. Die Auszeichnung mit dem Jung-Karriere-Förderpreis bedeutet für ihn einen Meilenstein in seiner Karriere – und seinem Leben. „Das spannende an der naturwissenschaftlichen Medizin ist die Kombination aus der Arbeit mit Patienten und der Möglichkeit, gleichzeitig wissenschaftliche Fragestellungen bearbeiten zu können. Mein Ziel ist es, beide Welten miteinander zu kombinieren und irgendwann die Erkenntnisse, die ich im Labor generiere, in eine bessere Therapie für Patienten umsetzen zu können.“ Eine Vision, die sich perfekt mit den Grundsätzen der Jung-Stiftung deckt. Denn Kerngedanke der Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung ist es, durch Forschung Leiden zu lindern. Zu diesem Zweck hat sie Wissenschaftler:innen, die die Humanmedizin bedeutend vorangebracht haben, seit ihrer Gründung mit mehr als 15 Mio. Euro an Preisgeldern unterstützt. Für Achmed Mrestani bedeutet der Jung-Karriere-Förderpreis einen großen Schritt in Richtung Selbstständigkeit: „Die Förderung durch die Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung erlaubt es mir, den Grundstein zu legen für den Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe, in der ich wissenschaftliche Projekte eigenständig konzipieren und umsetzen kann. Das ist essenziell, um wissenschaftliche Selbstständigkeit zu erlangen und damit langfristig mein Ziel zu verfolgen.“

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