Ernst Jung-Medaille in Gold 2015: Prof. Walter Neupert

Für seine wegweisenden Beiträge zur Aufklärung der Biogenese von Mitochondrien zeichnet die Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Walter Neupert (75) mit der Ernst Jung-Medaille für Medizin in Gold aus.

Auch von anderer Seite wurde Professor Neupert bereits mit zahlreichen Preisen geehrt und sein Sachverstand hat ihn zur Mitgliedschaft in wichtigen nationalen und internationalen Wissenschaftsgremien geführt. Von 1995 bis 1997 war er Präsident der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie, von 1997 bis 2000 Chairman des European Molecular Biology Councils. Als Lehrmeister für die kommenden Forschergenerationen gab er sein Wissen als Universitätsprofessor in Göttingen und München weiter, zuletzt – bis 2010 – als Professor für Physiologische Chemie an der Ludwigs-Maximilian-Universität München. Seit 2008 leitet er am Max-Planck-Institut für Biochemie die Forschungsgruppe „Struktur und Funktionen von Mitochondrien“ und erforscht hier die  molekularen Grundlagen der komplexen mitochondrialen Architektur und ihrer Dynamik.

Große Forscher haben große Vorbilder. Für Professor Neupert ist es George Emil Palade, der Begründer der modernen molekularen Zellbiologie und Nobelpreisträger von 1974. Den inneren Antrieb für seine Forschungsarbeit zieht Professor Neupert schlicht aus seiner „wissenschaftlichen Neugier“ und dem Anspruch „einen Beitrag zur medizinischen Grundlagenforschung zu leisten“.

 

Forschung an den Kraftwerken unserer Zellen

Was für uns die Lunge ist, sind für unsere Zellen die Mitochondrien. Mit ihnen findet die Zellatmung statt, ein Prozess, bei dem die von uns aufgenommenen Nahrungsstoffe in nutzbare Energie umgewandelt werden. Diese Energie ist für unseren Körper lebenswichtig, so wird sie beispielsweise für alle Stoffwechselprozesse, die Funktion der Muskeln und die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur benötigt. Funktionsgestörte Mitochondrien können neurologische oder muskuläre Erkrankungen hervorrufen sowie Diabetes, Fettleibigkeit und unterschiedliche Tumorformen bedingen. Umso entscheidender ist es zu verstehen, wie Mitochondrien „ticken“: Wie entstehen sie, wie vermehren sie sich, wie setzen sie sich zusammen, was könnte ihre Funktion beeinträchtigen?

Professor Neupert hat diese Fragestellungen in den Mittelpunkt seiner nun 45-jährigen Forschungskarriere gestellt – und tut dies auch heute noch am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried in München.

Mitochondrien können nicht von neu auf gebildet werden, sondern vermehren sich durch Teilung. In den 1970er Jahren leistete Professor Neupert Pionierarbeit, indem er den Mechanismus aufdeckte, der für die Teilung und somit für die für unseren Körper lebenswichtige Vermehrung von Mitochondrien verantwortlich ist. Darauf aufbauend machte Prof. Neupert in den letzten 35 Jahren eine Serie weiterer Entdeckungen, die maßgeblich zum heutigen Verständnis des in den Mitochondrien stattfindenden Membrantransports von Proteinen beigetragen haben. Die dabei gewonnenen Einsichten liefern wichtige Anstöße für die Entwicklung von Therapien beispielsweise für Erbkrankheiten in denen das Genom der Mitochondrien Defekte aufweist.