Ernst Jung-Preis für Medizin 2015: Preisträger Prof. Emmanuelle Charpentier
Der Ernst Jung-Preis für Medizin 2015 geht an Prof. Emmanuelle Charpentier PhD (46), Leiterin der Abteilung Regulation in der Infektionsbiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und Humboldt-Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Französin ist Mit-Entdeckerin der Gen-Editierungs-Technologie “CRISPR-Cas9”, welche es ermöglicht Gene menschlicher Zellen gezielt zu modifizieren. Ein Ansatz, der langfristig die Möglichkeit zur individualisierten Therapie von Erbkrankheiten oder Infektionskrankheiten wie Aids in Aussicht stellt.
Prof. Charpentier ist Leiterin der Abteilung „Regulation in der Infektionsbiologie“ am HZI Braunschweig, Humboldt-Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover und Arbeitsgruppenleiterin am Laboratory for Molecular Infection Medicine Sweden an der Umeå University in Schweden.
Den Grundstein ihrer Karriere legte Prof. Charpentier in ihrem Heimatland Frankreich. An der Universität Pierre und Marie Curie (Paris) promovierte sie im Fachbereich Mikrobiologie. Es folgten Forschungsaufenthalte an Universitäten und medizinischen Einrichtungen in den USA. 2002 kehrte sie nach Europa zurück und leitete an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) in Wien eine eigene Forschergruppe. Vier Jahre später habilitierte Charpentier im Fach Mikrobiologie und ging 2008 als außenordentliche Professorin an die Universität Umeå, Schweden, wo sie bis heute als Gast-Professorin tätig ist. Seit 2013 ist sie Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover und gibt seit 2014 im Rahmen ihrer Humboldt-Professur ihr Wissen an die Studierenden weiter. Parallel arbeitet Prof. Charpentier seit 2013 in leitender Position am HZI in Braunschweig.
Das persönliche Lebensmotto der Preisträgerin: Exzellenz ist eine Wahl. Der Antrieb ihrer Forschung entspringt aus der „Motivation etwas in meinem Forschungsgebiet zu bewegen und neue Perspektiven in Wissenschaft und Medizin, zum Wohle unserer Menschheit, aufzuzeigen“, so Prof. Charpentier.
Wegbereiterin zur Heilung von Erbkrankheiten
Mukoviszidose, Down-Syndrom, Bluterkrankheit – dies ist nur ein kurzer Auszug aus der Liste der über 10.000 derzeit bekannten Erbkrankheiten. Häufig ist ein Gendefekt der Auslöser, denn schon eine leicht veränderte Zusammensetzung eines Gens, kann dazu führen, dass die für unseren Körper lebenswichtigen Proteine ihre eigentliche Funktion verlieren und dadurch Krankheiten entstehen. Eine vielversprechende Lösung zur Behandlung solcher Krankheiten ist das sogenannte CRISPR-Cas9-System. Es ermöglicht die zielgerichtete Abschaltung oder auch Korrektur fehlerhafter Gene. Entdeckt und entwickelt wurde die Methode, die von Fachleuten bereits als Revolution der Gentechnik gehandelt wird, unter Federführung der Mikrobiologin Professor Emmanuelle Charpentier PhD vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig.
Das besondere am CRISPR-Cas9-System, das Prof. Charpentier zusammen mit Prof. Jennifer Doudna von der University of California entdeckte und dessen Potential erkannte, sind seine zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten. Nicht nur eine effiziente Behandlung oder Vorbeugung von Erbkrankheiten sondern auch neue Therapieansätze im Kampf gegen Aids oder Einsätze im Agrarsektor sind denkbar und werden von Wissenschaftlern weltweit erprobt. Wie so oft in der Wissenschaft fand Prof. Charpentier den Lösungsansatz in der Natur: So basiert die Funktionsweise des CRISPR-Cas9-Systems auf einem Mechanismus, der Bakterien zur Abwehr vor Viren dient.
Für ihre Forschungsarbeiten zur Editierung des Erbmaterials wurde Professor Charpentier mehrfach ausgezeichnet. Erst im November 2014 wurde ihr im Silicon Valley der „Breakthrough Prize in Life Sciences“ übergeben, eine von Google-Mitbegründer Sergey Brin und Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg ins Leben gerufene Auszeichnung. Das amerikanische Foreign Policy Magazine setzte sie 2014 auf die Liste der „100 Leading Global Thinkers“, eine Übersicht der bedeutendsten Intellektuellen, die mit ihrem Wirken etwas bewegt haben.